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Dienstag, 21. November 2017

„13 Stufen“ von Kazuaki Takano

13 Stufen führen zum Galgen, 13 Behördenstellen müssen den Befehl zur Vollstreckung der Hinrichtung besiegeln. So auch im Fall von Ryo Kihara, der im Todestrakt sitzt. Wenn morgens gegen neun Uhr die Wachmänner auftauchen, sind alle Insassen höchst alarmiert. Irgendwo im Gang bleiben die Wärter stehen und nehmen einen von ihnen mit. Auf Nimmerwiedersehen. Jeder Tag kann der letzte sein. Ryos Schicksal ist besonders tragisch: Aufgrund eines Gedächtnisverlusts kann er sich nicht an den brutalen Mord an dem Ehepaar Utsugi erinnern; nichts zu seiner Verteidigung vorbringen. Und schlimmer noch: Aufgrund seiner Amnesie kann er keine glaubhafte Reue äußern, die ihm mildernde Umstände und eine Verurteilung zu nur lebenslänglicher Haft verschaffen würde.

Doch es gibt einen kleinen Funken Hoffnung für Ryo: Ein anonymer Kritiker der Todesstrafe beauftragt eine Anwaltskanzlei mit neuen Recherchen zum Fall des ermordeten Ehepaars. Denn die Beweislage gegen Ryo war denkbar dünn. So nimmt der ehemalige Gefängniswärter Nango Ermittlungen rund um den Tatort auf. Er engagiert zudem den gerade auf Bewährung entlassenen Jun’ichi als Assistent. Jun’ichi hatte in einem Gerangel einen Menschen gestoßen, der daraufhin tragischerweise zu Tode kam. Nango möchte Jun’ichi auf diese Weise zur Resozialisierung verhelfen. Zudem winkt eine Geldprämie für einen Unschuldsbeweis Ryos, die Jun’ichis Familie mehr als dringend gebrauchen kann: Der Schadensersatz, den sie der Familie des Todesopfers schulden, treibt sie fast in den Ruin und die Familienmitglieder leben in prekären Verhältnissen.

Um den Fall neu aufzurollen, ermitteln Nango und Jun’ichi in alle Richtungen und müssen diverse Hypothesen, die vielversprechend wirkten, wieder verwerfen. Doch langsam nähern sie sich der Wahrheit – doch werden sie den Wettlauf gegen die Zeit und die Bürokratie gewinnen?

Kazuaki Takanos „13 Stufen“ nimmt nur langsam Fahrt auf. Zudem wird die Handlung rund um die Ermittlungen durch eine Rückblende in Nangos Vergangenheit unterbrochen: Denn Nango hat im Todestrakt als Wärter gearbeitet und kennt die psychische Belastung, einen Menschen zum Galgen führen zu müssen. So erlebt der Leser die unterschiedliche Sichtweisen zum Thema Todesstrafe: die der Verurteilten, die der Bürokraten, die der Wärter und Henker, und angerissen auch die der Angehörigen von Mordopfern. Und es stellen sich Fragen wie: Ist die Todesstrafe im Falle von besonders kaltblütigen, reulosen Mördern nicht vielleicht doch gerechtfertigt? Werden die staatlichen Henker nicht auch zu Mördern? Wäre es nicht besser, die Mörder am Leben zu lassen, damit sie jeden Tag darum beten, die Seelen der Opfer mögen ihre Ruhe finden?

Bis (fast) zur letzten Seite dauert es, bis sich dem Leser alle Ungereimtheiten offenbart haben. Daher ist Kazuaki Takanos Krimi sicherlich spannend, auch wenn die anfängliche Ermittlungsarbeit etwas stümperhaft wirkt. Da wird erst wochenlang der Wald rund um den Tatort nach Spuren abgesucht, bevor man sich einen Gedanken über ein Mordmotiv macht. So ganz überzeugt hat mich „13 Stufen“ daher als Krimi eher nicht. Dafür hallt das Thema Todesstrafe nach und lässt den Leser das Für und Wider aus unterschiedlichen Perspektiven abwägen.

Bibliographische Angaben:
Takano, Kazuaki: „13 Stufen“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Mangold, Sabine), Penguin, München 2017, ISBN 978-3-328-10153-6

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