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Samstag, 27. September 2014

„Eine Braut zieht flussabwärts“ von Sawako Ariyoshi

Eine Braut darf niemals zu einem Ehemann flussaufwärts ziehen, sonst ist Unheil im Verzug. Sie muss dem natürlichen Flusslauf folgen, um Glück in der Ehe zu finden, so sagt Großmutter Toyono, die ihre Enkelin Hana Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in die Familie Matani mit dem ältesten Sohn Keisaku verheiratet.

Für die Ausbildung von Hana hat Toyono keine Kosten und Mühen gescheut. Hana hat sowohl die höhere Mädchenschule absolviert als auch eine klassische Ausbildung erfahren. Neben perfekten Fertigkeiten in Kotospiel, Kalligraphie und Teezeremonie bringt Hana mit ihrer Schönheit alles mit, was man von einer idealen Ehefrau erwarten kann. Die Heiratsangebote sind daher vielfältig. Umso schwerer fällt die Auswahl, denn nicht nur Stand, Reichtum und Charakter des potenziellen Ehemanns müssen berücksichtigt werden, sondern auch der Aberglaube, der Toyono einige Kandidaten ablehnen lässt.

Die Wahl fällt schließlich auf Keisaku, der eine große politische Karriere vor sich hat. Der Abschied von Toyono fällt Hana zwar schwer, aber als perfekte Ehefrau will sie sich ganz ihrer neuen Rolle in der Familie der Matanis einfinden.

Das erste der drei Kapitel in Sawako Ariyoshis „Eine Braut zieht flussabwärts“ widmet sich Hanas ersten Ehejahren. Im zweiten Kapitel sorgt ein Wirbelwind in Form von Hanas Tochter Fumio für Aufregung. Fumio lebt nach dem Vorbild emanzipierter Frauen und will von einer traditionellen Mädchenausbildung nichts wissen. Sie setzt sich sogar durch, in Tokio zu studieren und eine Liebesheirat einzugehen. Damit opponiert sie in jeder Hinsicht gegen ihre Mutter Hana.

Das dritte Kapitel schlägt versöhnlichere Töne an: Hanako, Tochter von Fumio und Enkelin von Hana, ist im Ausland aufgewachsen, kehrt aber während des zweiten Weltkriegs zusammen mit ihrer Familie nach Japan zurück. Zu ihrer Großmutter entwickelt sie besonders viel Zuneigung.

Sawako Ariyoshis Roman „Eine Braut zieht flussabwärts“ zeigt das japanische Rollenverständnis der Frau im Wandel. Das gelingt ihr sehr anschaulich, wenn auch enorm überspitzt. Dadurch beginnt einen die Protagonistin Hana langsam zu nerven. In jeder Situation ist sie einfach perfekt, jeder verehrt sie, jeder liebt sie (insbesondere ihr Schwager, der sie zwar recht schroff behandelt – aber eben nur, weil er in sie verliebt ist). Und auch Fumio wird einem so gar nicht sympathisch. Sie wirkt eher wie eine inkonsequente, verzogene Kratzbürste. Hanako bleibt dagegen recht blass. Trotzdem liest sich der Roman sehr flüssig und er zieht den Leser in vergangene Tage in Japan hinein.

Bibliographische Angaben:
Ariyoshi, Sawako: „Eine Braut zieht flussabwärts“ (Übersetzung: Dill, Marion), Rowohlt, Reinbek 1987, ISBN 3-499-15833-7

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