Über neun Millionen Menschen leben derzeit in Tokio und dennoch kreuzen sich die Wege von Atsuhiro Yoshidas Protagonisten in „Gute Nacht, Tokio“ öfter als in so mancher Kleinstadt. Noch nicht mal zweihundert Seiten zählt das Büchlein, das von vielen wunderlichen, kauzigen und liebenswerten Personen handelt.
Da ist zum Beispiel eine Requisiteurin, die Nacht für Nacht losgeschickt wird, um ausgefallene Accessoires für einen Filmdreh zu beschaffen. Eine Telefonseelsorgerin, die in Erinnerung an ihren verschollenen Bruder des Nächtens Biwas klaut, um daraus Schnaps zu brennen. Oder aber ein Eigentümer eines Werkzeugladens, der lieber neue Namen für defekte Dinge erfindet, als tatsächlich Waren zu verkaufen.
Trotz der Größe der Stadt ist jeder doch irgendwie mit jedem verbunden. Jeder hat mit seinen eigenen Sehnsüchten und Wünschen zu kämpfen. Auch wenn das Aufgeben angeblich typisch für Tokioter sein soll, so wursteln sich Atsuhiro Yoshidas Protagonisten doch recht resolut durch ihr Leben und finden ihr kleines, manchmal sehr bescheidenes Glück.
Sehr gerne hätte ich noch ein paar mehr nächtliche Episoden aus Tokio gelesen, doch leider soll man ja aufhören, wenn’s am schönsten ist. Dank der äußerst plastischen Darstellung der Charaktere will man diese am liebsten noch ein bisschen länger begleiten.
Bibliographische Angaben:
Yoshida, Atsuhiro: „Gute Nacht, Tokio“ (Übersetzung aus dem Japanischen:
Busson, Katja), Cass, Bad Berka 2022, ISBN 978-3-944751-28-3
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