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Samstag, 2. August 2014

„Das Geschlecht der Abe/Sanshodayu“ von Ogai Mori

Mit „Das Geschlecht der Abe“ und „Sanshodayu“  erzählt Ogai Mori zwei japanische Klassiker aus der Tokugawa- bzw. Heian-Zeit.

„Das Geschlecht der Abe“ erfährt einen Wendepunkt als der Daimyo Tadatoshi im Sterben liegt. Zahlreiche Vasallen bitten ihn um „Junshi“; um die Erlaubnis, Selbstaufopferung begehen zu dürfen und ihren Daimyo nach einem Seppuku in den Tod zu folgen. So will auch Yaichiuemon Abe von dem Sterbenden die Einwilligung zu seiner Selbstaufopferung erhalten. Doch der denkt gar nicht daran, sondern verweigert seine Zustimmung. Nachdem die 18 Männer, die das Einverständnis von ihrem verstorbenen Herrn zum Selbstmord erhalten haben, jeweils Seppuku begangen haben, leidet Yaichiuemon unter übler Nachrede. Einerseits lästern die Spötter, er habe nicht den Mumm, sich zu entleiben; andererseits weiß er, dass er ohne die Erlaubnis des Daimyo keinen ehrenvollen, sondern nur einen „Hundetod“ sterben wird. Nichtsdestotrotz ruft er seine Söhne zusammen und begeht Seppuku. So beginnt der Abstieg der Familie Abe, die in der Gunst von Tadatoshis Nachfolger immer weiter sinkt und schließlich zum Außenseiter wird. Eine Übersprungshandlung eines Familienmitglieds wird schließlich als Freveltat geahndet und der gesamte Clan sieht nur noch einen einzigen, blutigen Ausweg, um die Ehre der Familie wiederherzustellen.

„Sanshodayu“ handelt von dem Geschwisterpaar Anju und Zushio. Die beiden sind mit ihrer Mutter unterwegs, um ihren verbannten Vater aufzusuchen, als sie in die Hände von Menschenhändler fallen. Die Geschwister werden von der Mutter getrennt und werden an das Gut das Sanshodayu verkauft, der die zarten Jugendlichen Salzwasser schleppen lässt und zum Brennholz schneiden schickt. Anju als die Ältere der beiden spinnt einen Plan, um die Leibeigenschaft zu beenden, der aber für sie fatale Folgen haben soll.

„Sanshodayu“ liest sich eher wie ein Märchen, während „Das Geschlecht der Abe“ anfangs von Beschreibungen von Verwandtschaftsbeziehungen und Aufzählungen geprägt ist. Wer sich für das Thema Selbstaufopferung und Beziehungsgeflechte in der Tokugawa-Zeit interessiert, für den mag diese Erzählung besonders interessant sein. Für alle anderen Leser ist der Einstieg in „Das Geschlecht der Abe“ jedoch zäh – bis überhaupt von der Familie Abe die Rede ist, müssen erst (Kurz-)Beschreibungen von 18 Seppuku-Taten überstanden werden.

Bibliographische Angaben:
Mori, Ogai: „Das Geschlecht der Abe/Sanshodayu“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Koike, Kenji), Japanisch-Deutsche Gesellschaft, Tokio 1960

Mittwoch, 2. Januar 2013

„Jadeschwert und Pflaumenblüte“ von Alison Fell

Laut des Vorworts eines gewissen Geoffrey Montague-Pollock geht „Jadeschwert und Pflaumenblüte“ auf fragmentarische, japanische Texte aus dem zehnten oder elften Jahrhundert zurück, die von der Hofdame Onogoro handeln. Es wird gar das „Harvard Journal of Asiatic Studies“ zitiert, das im Jahr 1963 angeblich die Autorenschaft der Texte untersucht hatte. Und dann wird noch einem Professor Arye Blower gedankt, der mit seiner Mitarbeiterin Alison Fell die Texte anscheinend übersetzt hat.

Recherchiert man dann etwas weiter, stößt man zumeist auf englischsprachige Artikel, die richtig stellen: „Jadeschwert und Pflaumenblüte“ entstammt wohl primär der Fantasie von Alison Fell. Man lerne daraus: Glaube nie einem Vorwort.

Eigentlich gehört eine Rezension über diesen kleinen Schundroman also nicht auf diesen Blog. Da ich bei meinen Internetrecherchen aber primär auf englischsprachige Quellen (z.B. in der New York Times oder Boston Phoenix) gestoßen bin, die den Sachverhalt berichtigen, gibt es jetzt auch hier einen kleinen Blog-Post auf Deutsch.

Die Dichterin Onogoro ist Hofdame in Kioto und hat sich als Gönner einen General zum Geliebten auserkoren. Der Sex mit ihm befriedigt die Hofdame jedoch keineswegs. Daher engagiert sie den blinden Stallburschen Oyu, der ihr während des Liebesspiels anregende Geschichten einflüstern soll. Damit der General Oyu nicht bemerkt, ist er hinter einem Wandschirm verborgen. Doch nur Onogoro kann seine Stimme vernehmen.

Der General wiederum steht im Mittelpunkt einer Intrige eines Prinzen. Und auf Onogoros Körper entstehen wie von selbst Schriftzüge von Gedichten, die der eifersüchtige General einem Widersacher zuschreibt. In diese ganze Szenerie aus Missgunst und Eifersucht werden „erotische“ Geschichten eingebettet, die aber eher brutal und bizarr sind und zudem eine Prise Sodomie enthalten.

Auf Alison Fells Irrtümer hinsichtlich historischer Authentizität weist Edmund White in oben verklinktem Artikel in der New York Times bereits ausführlich hin. Etwas irritierend ist die Vorgehensweise des Rowohlt-Verlags, die Fehlinformationen der englischen Ausgabe so unkommentiert zu lassen. Zwar steht in „Zu diesem Buch“, der Roman sei „verschmitzt verkleidet als Kopfkissenbuch“, aber gleich auf der gegenüberliegenden Seite wird die Historizität des Romans impliziert: Er sei nur „herausgegeben von Alison Fell“ und „Unter Hinzuziehung der englischen Übersetzung von Arye Blower“, der später als ausgewiesener Japanologe vorgestellt wird, entstanden.

Bibliographische Angaben:
Fell, Alison: „Jadeschwert und Pflaumenblüte“, Rowohlt, Reinbek 1995, ISBN 3-499-13918-9