Wer von Ume Kajimas Werk genau das erwartet, was im Titel angekündigt wird – nämliche eine Biographie der Frau des Japanarztes Erwin Bälz, namentlich Hana Bälz, den wird die Lektüre etwas enttäuschen. Denn allzu viel Biographisches und Persönliches bleibt im Dunkeln. Es entsteht nur ein vages Bild des Charakters und der Gedankengänge der Hana Bälz, die doch allein durch ihren Lebenslauf sicherlich eine sehr spannende Persönlichkeit war.
1864 wurde Hana Bälz als Hatsu Arai geboren, ab 1887 oder 1888 lebte sie mit dem nach Japan gekommenen Medizin-Dozenten Erwin Bälz, der 15 Jahre älter als Hana war, in (wilder) Ehe. Es ist nur zu vermuten, dass sich das Paar in einem Café kennengelernt hat. Doch wie es sich zu lieben lernte, darüber weiß Ume Kajima leider nichts zu berichten. Auch nicht, ob Hanas Verwandte ihren Umgang mit einem Gaijin befürworteten oder ablehnten.
Die Persönlichkeit der Hana wird am prägnantesten dargestellt, als die gemeinsamen Kinder des Ehepaars geboren sind. Toku wird 1889 geboren, Uta 1893. Uta stirbt noch jung, was Hana in tiefste Verzweiflung stürzt. Als Toku mit elf Jahren nach Deutschland zur Ausbildung geschickt wird, ist der Abschied vom Kind ebenfalls sehr schwer für Hana.
Im Jahr 1905 kehrt Erwin Bälz zusammen mit seiner nunmehr getauften Frau Hana nach Deutschland zurück. Er stirbt acht Jahre später. Hana erlebt den ersten Weltkrieg in Deutschland; wird aber trotz ihrer Abstammung von dem verfeindeten Japan - wie Ume Kajima nicht müde wird zu betonen - in der neuen Heimat geachtet. 1922 kehrt sie nach Japan zurück und hofft darauf, die Ersparnisse, die Erwin Bälz dort angelegt hatte, abheben zu können. Doch während des Weltkriegs wurde das Eigentum des Feindes verstaatlicht. Mit Hilfe von Bekannten kann sie aber dennoch ein bequemes Leben in Japan führen. 1933 schreibt sie gar ein Buch über ihr Leben in Deutschland während des ersten Weltkriegs. 1937 stirbt Hana Bälz schließlich.
Sehr viel mehr erfährt der Leser über Erwin Bälz, der sich in Japan als Dozent, Befürworter von Kurorten und Hofarzt der Kaiserfamilie verdient gemacht hatte. Aus seinen Briefen liest man seine Fürsorge für seine Hana, die sich darum sorgte, ob Erwin Bälz sie nicht vergessen würde, als er zu längeren Aufenthalten nach Deutschland fuhr. So mag Ume Kajimas Werk „Hana Bälz – Die Frau des Japanarztes Erwin Bälz“ mehr für diejenigen Leser geeignet sein, die sich für die Persönlichkeit von Erwin Bälz und sein Wirken in Japan interessieren, als für die, die ein Porträt einer außergewöhnlichen Frau erwarten.
Zudem wirkt Ume Kajimas Werk eher wie eine unkritische Huldigung des fast schon sakrosant dargestellten Ehepaars Bälz. Viel lässt sich im Internet über das Leben von Hana Bälz zwar nicht in Erfahrung bringen, jedoch findet sich ein Artikel aus dem "Japan Magazin", der ein kritischeres Licht auf das Leben der Frau des Japanarztes wirft: Erwin Bälz legitimiert seine jahrelange Geliebte erst kurz vor seiner Rückkehr nach Deutschland, wo Hana eine Fremde bleiben wird und sich nicht mit der Art der Deutschen anfreunden kann. Groß muss ihr Heimweh nach Japan gewesen sein, da sie ein verarmtes Dasein in ihrem Vaterland dem sicherlich bequemeren Leben in Deutschland vorzog.
Bibliographische Angaben:
Kajima, Ume: „Hana Bälz – Die Frau des Japanarztes Erwin Bälz“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Yatsushiro, Sachiko), DVA, Stuttgart 1978, ISBN 3-421-01843X
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